Im Falle eines Bußgeldverfahrens können auch die Wartungsunterlagen eines Geschwindigkeitsmessgerätes (im Volksmund auch gerne „Blitzer“ oder „Blitzergerät“ genannt) herausverlangt werden. Zu diesem Ergebnis kam der Verfassungsgerichtshof Koblenz in einer Entscheidung vom 13.12.2021, wie er in der Pressemitteilung Nr. 8/2021 vom 15.12.2021 mitteilt.

In dem dortigen Verfahren ging es darum, dass dem Betroffenen in einem Bußgeldverfahren eine Geschwindigkeitsüberschreitung vorgeworfen wurde, was durch das mobile Messgerät des Typs PoliScan Speed M1 der Firma Vitronic gemessen wurde.

Im Bußgeldverfahren beantragte die Rechtsanwältin des Betroffenen Akteneinsicht und unter anderem die Vorlage der Wartungs- und Instandsetzungsunterlagen des Messgeräts, die nicht Bestandteil der Bußgeldakte sind. Dieser Antrag wurde vom Amtsgericht abgelehnt und der Beschwerdeführer verurteilt, der Antrag auf Rechtsbeschwerde war ebenfalls erfolglos. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde.

Er machte unter anderem geltend, die Nichtüberlassung der Wartungs- und Instand-setzungsunterlagen des Messgeräts sowie bestimmter Messdaten – weiter gefordert wurden die Falldatensätze der gesamten Messreihe einschließlich der Statistikdatei und Case-List – verstoße gegen Verfassungsgrundrechte der Landesverfassung. Erfolgreich.

Der VerfGH Koblenz kam zum Ergebnis, dass der Betroffene in seinem Recht auf ein faires Verfahren verletzt wurden. Dieses besagt, dass der Betroffene das Recht hat, in tatsächlich vorhandene Unterlagen über Messgerät und Geschwindigkeitsmessung Einsicht zu nehmen. Dadurch kann zwischen der Behörde und dem Betroffenen die auch vom BVerfG zugesprochene „Waffengleichheit“ hergestellt werden, weil nur so der Betroffene die Möglichkeit hat, die Messung und das Ergebnis selbst zu untersuchen und Entlastungsbeweise zu finden, ggfs. mit Hilfe eines eigens beauftragten Sachverständigen.

Dieses Einsichtsrecht setzt jedoch voraus, dass der Betroffene die begehrten Informationen hinreichend konkret benennt und dass die geforderten Unterlagen einen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem jeweiligen Ordnungswidrigkeitenvorwurf sowie eine erkennbare Relevanz für die Verteidigung aufweist.

Bei Wartungs- und Instandsetzungsunterlagen des Messgeräts sind nach Ansicht des VerfGH Koblenz diese Voraussetzungen erfüllt.

Diese Rechtsprechung verdeutlicht einmal mehr das umfassende und verfassungsrechtlich geschützte Akteneinsichtsrecht des Betroffenen und seines Rechtsbeistands in die jeweiligen Falldaten, auch wenn es „nur“ um Geschwindigkeits- oder Rotlichtverstöße geht. Dies gilt nicht nur für Rheinland-Pfalz, sondern für das gesamte Bundesgebiet.