Immer wieder hört man es im Radio: „Stau auf der Autobahn. Bitte bilden Sie eine Rettungsgasse für die Rettungs- Einsatzfahrzeuge. Schön und gut und auch richtig. Aber ab wann genau ist nun eigentlich eine Rettungsgasse zu bilden?

Genau mit dieser Frage hatte sich das OLG Oldenburg zu beschäftigen und entschied u.a.:

Vor der Bildung einer Rettungsgasse gibt es keine Überlegungsfrist, vielmehr sei die Rettungsgasse sofort zu bilden „sobald Fahrzeuge […] mit Schrittgeschwindigkeit fahren oder sich die Fahrzeuge im Stillstand befinden.“ wie es sich auch aus dem Gesetzeswortlaut ergibt.

Im Einzelnen:

Der Betroffene wurde im Verfahren vor dem Amtsgericht zu einer Geldbuße in Höhe von 230,00 € wegen fahrlässigen Nichtbildens einer Rettungsgasse, gem. § 11 Abs. 2, 49 Abs. 1 Nr. 11 StVO, 24 Abs. 1 StVG verurteilt.

11 Abs. 2 StVO lautet:

„Sobald Fahrzeuge auf Autobahnen sowie auf Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen für eine Richtung mit Schrittgeschwindigkeit fahren oder sich die Fahrzeuge im Stillstand befinden, müssen diese Fahrzeuge für die Durchfahrt von Polizei- und Hilfsfahrzeugen zwischen dem äußerst linken und dem unmittelbar rechts daneben liegenden Fahrstreifen für eine Richtung eine freie Gasse bilden.“

Im vorliegenden Fall kam der Verkehr im Rahmen einer Baustelle auf einer dreispurigen Autobahn zum Stocken und teilweise zum Stillstand. Der Betroffene fuhr auf der mittleren Spur und hielt sich entgegen des oben genannten nicht rechtsseitig, sondern linksseitig seiner Spur auf, während die Fahrzeuge vor und hinter ihm bereits die Rettungsgasse gebildet haben.

Das OLG argumentiert unter anderem mit dem Duden und führt aus, dass die Formulierung „sobald“ so viel bedeutet wie „in dem Augenblick“ oder „gleich wenn“, die Vorschrift also so zu lesen ist, dass dann, wenn die Fahrzeuge Schrittgeschwindigkeit fahren oder sich im Stillstand befinden, die Rettungsgasse zu bilden ist. Dabei kann auch schon der stockende Verkehr, bei dem es immer wieder kurzzeitig zum Stillstand kommt, ausreichend sein, um verpflichtet zu sein, eine Rettungsgasse zu bilden.

Ob die Situation zum Bilden einer Rettungsgasse vorliegt, ist also anhand dessen zu prüfen, inwieweit der Verkehr schon zum Stocken kam oder nicht. Gerade im zeitlichen Grenzbereich kann es dann Sinn machen, gegen eine Entscheidung der Bußgeldstelle vorzugehen oder diese jedenfalls prüfen zu lassen. Dies gilt umso mehr, als zusätzlich zur Geldbuße und zwei Punkten in Flensburg auch ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet werden kann.

Haben auch Sie auch Fragen zum Verkehrsrecht oder haben gar einen Anhörungsbogen, einen Bußgeldbescheid oder Einziehungsbescheid erhalten? Dann melden Sie sich gerne bei uns und wir prüfen Ihren Fall auf Erfolgsaussichten und begleiten Sie bis zum Abschluss des Verfahrens.

Ihre Kanzlei Jehle & Kollegen.